Steffi Kirchschläger, Multiple Skerose, 07/2019
Steffi Kirchschläger teilt ihre Erfahrungen nach 2,5 Jahren der Behandlung von MS mit dem Coimbraprotokoll. Der Bericht wurde auch zur Veröffentlichung an die DMSG gesandt und soll im Laufe des 2. Halbjahres in der Mitgliedszeitschrift Kontakt erscheinen.
„Bevor ich meine Erfahrungen schildere, möchte ich kurz etwas zu meiner Person und meinem Krankheitsverlauf erzählen: Mein Name ist Steffi, ich bin 31 Jahre alt und habe im Januar 2014 meine Multiple Sklerose Diagnose bekommen als ich mit linksseitigen Doppelbildern sowie Schwindel ins Krankenhaus eingewiesen wurde. Dort erhielt ich Standard gemäß Kortisoninfusionen und zahlreiches Infomaterial zu den herkömmlichen Therapiemöglichkeiten.
In den ersten drei Jahren nach der Diagnose machte ich die üblichen Basistherapien der Schulmedizin, die leider bis auf neue Herde im MRT, weitere Verschlechterungen und diverse Nebenwirkungen keine Wirkung zeigten.
Da ich mich auch sehr viel mit Alternativen beschäftigt habe, versuchte ich meine MS mit hochdosiertem Weihrauch, Kurkuma und mit diversen Diäten in den Griff zu bekommen. Leider ohne Erfolg. Weiterhin neue Herde im MRT und Verschlechterungen. Von Schüben blieb ich zwar bis auf leichte Sensibilitätsstörungen verschont, die neuen Herde hinterließen dennoch ihre Spuren.
Als eine erneute Basistherapie auch wieder keine ausreichende Wirkung zeigte und ich laut meinem Neurologen auf eine stärker wirkende Therapie umgestellt werden sollte, die natürlich auch mehr Risiken und Nebenwirkungen nach sich ziehen würde, die Wirkung fraglich, recherchierte ich weiter nach Alternativen.
Durch eine Multiple Sklerose Gruppe auf Facebook bin ich dann auf das Coimbra Protokoll gestoßen und dachte mir zuerst: „Was? Schon wieder etwas Neues, das nichts bringt, aber angeblich helfen soll? 90% Dauerremission?“ Ich begann genauer zu lesen und mich damit zu beschäftigen. Nachdem ich alle Therapieoptionen und alles was damit zusammenhängt verglichen habe, war für mich das Coimbra Protokoll ohne Zweifel an erster Stelle. Also fuhr ich im März 2017 mit meinen Blutwerten nach Gräfelfing zu meinem Protokollarzt, um mit der Therapie beginnen zu können. Allein mit einem Stillstand der MS wäre ich bereits mehr als zufrieden. Ich erwartete keine Wunder und blieb realistisch.
Nach ca. 1,5 Std verließ ich die Praxis voller Vorfreude und Optimismus. Noch nie zuvor habe ich einen Arzt erlebt, der sich so viel Zeit genommen hat und mir all meine Fragen beantwortet hat. Er zeigte Verständnis und erklärte mir alles ganz genau. Er war sehr kompetent und erzählte alles mit einer richtigen Begeisterung und Überzeugung. Die wenigen Zweifel waren verschwunden. Bisher haben die Ärzte in Sachen MS mir immer versucht Angst einzujagen, sobald ich meinen eigenen Weg gehen wollte bzw. gegangen bin und die Standardtherapien verneinte. Akzeptiert wurde es nie und die Besuche bestanden letztendlich nur aus Diskussionen. Ich hätte einen aktiven Verlauf und es wäre leichtsinnig usw.
Normalerweise bin ich ein sehr kritischer Mensch und hinterfrage Dinge sehr gerne, beim Coimbra Protokoll hatte ich aber ein sehr gutes Gefühl.
Also begann ich am darauffolgenden Tag die Therapie mit einer für mich individuell abgestimmten Startdosis Vitamin D mit folgenden Symptomen:
– Eine ausgeprägte Fatigue, die mich am meisten einschränkte und der Hauptgrund für eine frühzeitige Verrentung war
– Eine überaktive Blase
– Sensibilitätsstörungen in Armen und Beinen
– leichte Spastik in den Beinen
– Muskelschwäche in den Beinen
– Kognitive Probleme
– Feinmotorische Probleme
– Doppelbilder linksseitig (je nach Tagesform)
– leichte Gleichgewichtsstörungen
Die ersten Tage verliefen ohne nennenswerte Veränderungen. Copaxone spritze ich nur noch die erste Woche weiter. Mein Neurologe wusste nichts davon, weder vom Coimbra Protokoll, noch vom Absetzen von Copaxone. Wir waren eigentlich so verblieben, dass ich es noch sechs Monate weiter spritze und dann ein weiteres MRT machen würde. Ich habe aber keinen Grund mehr gesehen es weiter zu nehmen.
Der im Coimbra Protokoll notwendige Verzicht auf Milchprodukte fiel mir gar nicht schwer, da ich auf diese zuvor schon meist verzichtet habe und gute Alternativen dazu gefunden habe. Wenn man sich etwas damit auseinandersetzt, hat man nicht das Gefühl, auf etwas verzichten zu müssen. Für mich ist es auch keine Diät.
Die tägliche Trinkmenge von 2,5 l bereitete mir auch keine Probleme, aber meine Blase musste sich erstmal daran gewöhnen. Ich musste somit noch häufiger und noch schneller auf die Toilette. Es kam mir so vor als ob ich die Hälfte des Tages dort verbringen würde.
Um mein regelmäßiges Sportprogramm zu absolvieren, habe ich mir eine Vibrationsplatte zugelegt. Zehn Minuten mit Hanteln und Theraband 3-5x die Woche wären ausreichend.
Die darauffolgenden Monate waren eine reine Achterbahnfahrt mit Höhen und Tiefen. Viele Patienten berichten, dass sie schnell mehr Energie hätten, doch bei mir tat sich bisher nichts. Als ich mich mal mehrere Tage hintereinander nicht so fühlte als ob ich nachts nicht geschlafen hätte und ich mich beim Essen nicht mit einer Hand abstützen musste, dachte ich mir es wird nun langsam. Dies war leider nur von kurzer Dauer und es schlug wieder um. Ein richtiges Auf und Ab. Das war aber vollkommen normal. Weitere Verschlechterungen oder Schübe traten nicht auf.
Trotz der weiter anhaltenden Fatigue gab es dann trotzdem die 1. Verbesserung. Meine Spastik in den Beinen verschwand. Na immerhin, es tut sich was!
Meine Blutwerte waren in Ordnung und meine Dosis wurde mehrmals erhöht, nachdem mein PTH (der als Messgröße für die Wirkung des aktiven Vitamin D genutzt wird) nur zögerlich sank und noch nicht am anvisierten Ziel war.
Nach ca. 6 Monaten entschloss ich mich ein MRT machen zu lassen. Dies ergab einen neuen Herd in der HWS, aber nicht aktiv. Wann dieser dazugekommen ist steht in den Sternen. Vor dem Coimbra Protokoll? Währenddessen? Man konnte es nicht sagen. Natürlich ließ ich mich davon nicht herunterziehen, zumal meine bisherigen MRT´s schlechter aussahen. Immerhin schon ein kleiner Erfolg. Ich muss Geduld haben, denn solange mein Ziel PTH noch nicht erreicht war und die MS Symptomatik schwankte, ist auch noch keine Remission eingetreten. Ich machte also weiter, ließ alle 3 Monate meine Blutwerte checken und mein PTH Wert näherte sich weiter dem Ziel, die Auf und Ab´s nahmen ab und es wurde immer stabiler.
Nach 11 Monaten war es endlich soweit. Mein Ziel PTH war erreicht (dies zeigte die optimale individuelle Vitamin D Dosierung an), die restlichen Blutwerte weiter bestens. Von diesem Zeitpunkt an ging es bergauf!
Im letzten Abschnitt möchte ich kurz mitteilen was sich alles geändert hat: Meine Fatigue hat sich nach und nach gebessert. Natürlich ist sie immer noch vorhanden und nach wie vor das Symptom, das mich am meisten einschränkt und mich in die volle EU-Rente gezwungen hat, aber ich muss mich nicht mehr quälen. Ich fühle mich nach dem Aufstehen nicht mehr so als ob ich gar nicht geschlafen hätte, sondern ausgeruhter. Mir ist nicht mehr übel vor lauter Fatigue, ich schaffe meinen Alltag mit Haushalt und Hund mit individuellen Pausen. Nicht jede Tätigkeit fühlt sich wie ein Marathonlauf an und ich koche und backe wieder mehr. Ich esse auch wieder mit Appetit und in aufrechter Haltung mit Messer und Gabel.
Meine Blasensymptomatik ist nun so, dass ich mittlerweile wieder ohne Einlagen das Haus verlassen kann. Sensibiltätsstörungen sind noch vorhanden, aber nicht täglich.
Die Spastik ist nach wie vor weg. Die restlichen Symptome bestehen weiterhin, aber keine weiteren Verschlechterungen. Ich fühle mich insgesamt klarer und der Nebel im Kopf ist weitest gehend weg. Natürlich gibt es auch zwischendurch schlechte Tage, aber es ist insgesamt alles stabil und nicht schlechter geworden als zuvor.
In der Zwischenzeit war ich mal beim Neurologen. Als ich ihn erzählt habe, dass ich Copaxone abgesetzt habe und das Coimbra Protokoll mache, war er alles andere als begeistert. Es begannen die üblichen Diskussionen. Mein Wunsch war einfach nur, dass er es respektiert und es, auch wenn er anderer Meinung ist, akzeptiert. Dazu wird es aber nie kommen. Ich nahm meine Überweisung zum nächsten MRT mit, um meine Remission auch bildgebend bestätigt zu bekommen. Zu diesem Termin ging ich trotzdem mit Angst. Dies lag wahrscheinlich daran, dass ich noch nie ein MRT hatte auf dem keine Verschlechterung zu sehen war, egal was ich gemacht habe. Das letzte zeigte ja zumindest schon mal ein Teilerfolg. Also ließ ich wieder das komplette Programm machen. Im Anschluss hatte ich das Gespräch mit den Radiologen und ich konnte nicht glauben was er gesagt hat: Keine neuen Herde und nichts aktiv. Ich war so froh und erleichtert! Mir kamen auf dem Heimweg die Tränen, weil ich einfach so froh war.
Den Befund faxte ich meinem Protokollarzt. Da habe ich wieder gemerkt, dass er seinen Beruf von Herzen aus macht. Er hat sich fast mehr gefreut als ich. Das habe ich noch nie von einem Arzt erlebt. Nach jedem Telefonat mit ihm war ich gut gelaunt und optimistisch.
Das einzige was sich verschlechtert hat ist meine Knochendichte. Ob es zu wenig Sport war weiß ich nicht. Ich mache das Vibrationstraining nun täglich statt 3-5x in der Woche und dann lass ich meine Knochendichte erneut messen.
Ich bin froh mit dem Coimbra Protokoll begonnen zu haben und bereue es nicht. Ich bin mir sicher, dass es mir sonst nicht so gut gehen würde.
Steffi Kirchschläger“